Wäller Freunde Deutschland e.V.

 
 


Die Wäller-Hymne.
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Kastration - Versuch einer Entscheidungshilfe - Seite 3

Ebenso verhält es sich mit dem eigentlichen Sexualverhalten durch Aufreiten und Paarungsbewegungen. Dieses Verhalten, das häufig als Dominanz- oder Hypersexualitätsverhalten bezeichnet wird, ist nicht immer unter dem Einfluss der Sexualhormone. Es kann sich um eine Bewgungsstereotypie zum Stressabbau handeln, um eine Art fehlgeleiteten Besitzanspruch gegenüber dem/der Halter/in, oder in seltenen Fällen tatsächlich um Ausbildung einer Rangordnung. Vielfach aber ist es einfach nur Spiel, insbesondere wenn es zwischen mehreren Hunden in einer etablierten Gruppe auftritt.
Durch Kastration ist im Wesentlichen nur derjenige Teil des Sexualverhaltens, der echt sexuelle Motivation zur Grundlage hat. Ob dies im Einzefall der Fall ist, muss durch Analyse der auftretenden Situationen mit professioneller Hilfe geklärt werden. Ebenso ist zu beachten, dass, wie das in der Verhaltensbiologie allgemein bekannte Prinzip der >>doppelten Quantifizierung<< aussagt, auch kastrierte Rüden bei Abwesenheit ihrer Sexualhormone dann vollständiges Paarungsverhalten einschließlich dem abschließenden Hängen zeigen können, wenn sie von einer läufigen Hündin entsprechend stark motiviert werden. Solche Fälle treten selbst jahrelang nach der Kastration noch auf.
Dass Jagen und andere Verhaltensweisen durch Kastration nicht beeinflussbar sind, sollte nach dem oben Gesagten über die Wirkungen der Sexualhormone sowieso klar sein.

Auch das sogenannte Dominanzverhalten des Hundes gegenüber dem/der Halter/in ist meist nicht durch Wegnahme der Sexualhormone zu beeinflussen. Umso mehr gilt dies, weil das meiste als Dominanzverhalten interpretierte Verhalten eines Hundes auf mangelnden Führungsanspruchs des Menschen und nicht auf Dominanzbestreben des Hundes selbst zurückzuführen ist.
Als durch Kastration positiv beinflussbare >>Problemverhalten<< verbleiben daher beim Rüden nur zwei Bereiche: Eine wirkliche Hypersexualisierung, meist bei kleineren und/oder stark Adrenalin gesteuerten, also extrovertierten und nervösen Rassen, wobei dann die Einzelfallbeurteilung erfolgen müsste, ob es sich wirklich um Sexualverhalten handelt.Rangordnungs- und Status-Auseinandersetzungen regelmäßiger Art mit anderen Hunden, insbesondere anderen männlichen Hunden.

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Die Möglichkeit, durch eine sogenannte chemische Kastration die Wirkung der Wegnahme von Testosteron zu simulieren und dadurch einen Rüden zu beurteilen, wie er sich nach der echten, chirurgischen Kastration entwickeln würde, ist heute glücklicherweise zuverlässig gegeben. Es handelt sich um ein Hormonimplantat, das die Ausschüttung aller Sexualhormone über einen Zeitraum von mehreren Monaten zuverlässig unterbindet. Dieses Präparat hat im Regelkreis des Hormonhaushalts etwa die gleiche Wirkung wie das Anzünden eines offenen Feuers in einem durch Zentralheizung beheizten Zimmer. Nach anfänglicher Überhitzung des Raumes schaltet sich die Heizung vollständig aus, nach verglimmen des Feuers bleibt es lange Zeit kalt, bevor der Thermostat wieder anspringt.
Dieses Beispiel erklärt, was bei der Implantation des GnRH- Down Regulationschips im Hormonhaushalt passiert. Zu beachten ist lediglich, dass in den ersten Wochen nach der Implantation eine starke Vermehrung der Testosteron-Produktion einsetzt, in dieser Zeit muss der Hund entweder zuverlässig kontrolliert oder durch ein zusätzliches Medikament wieder eingestellt werden. Danach findet man jedoch über einen Zeitraum von mehreren Monaten zuverlässig genau die Verhaltensänderungen, die auch bei einer echten Kastration eintreten würden, und kann beurteilen, welche Folgen der Eingriff langfristig haben würde.
Zu beachten ist des weiteren, dass, auch wenn die Kastration erfolgt ist, eine Reihe von Veränderungen im Körperbau eines kastrierten männlichen Tieres auftreten. Dies betrifft z.B. verringerten Muskelaufbau, Lockerung des Bindegewebes ( was auch Bänder und Gelenkskapseln betreffen kann) und Fellveränderungen. Ebenso ist der verringerte Grundenergiebedarf eines kastrierten Tieres zu beachten. Man könnte also ohne weiteres sagen, dass ernährungs- und stoffwechselphysiologisch der kastrierte Hund schlagartig zum Senior wird und auch mit entsprechend geänderter Nahrung verpflegt werden muss.

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